„Draghische“ Momente in Rom
– Die Liraisierung des Euro ist in vollem Gange –
Der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi führte die 67. Regierung Italiens seit 1946. Über Jahrzehnte haben wir die politische Instabilität in Rom teils desinteressiert, teils belustigt verfolgt und deutsche Touristen profitierten von einer ständig schwächelnden Lira, die den Urlaub im Stiefelstaat angenehm günstig machte.
Seit 2002 leben wir aber währungspolitisch in einer Schicksalsgemeinschaft mit Italien. Die Stabilität und das weitere Überleben des Euro sind längst nicht mehr nur von uns selbst, sondern auch und vor allem von den übrigen Mitgliedsländern des Euroraums abhängig. Hier muss uns Deutschen Angst und Bange werden, denn die fiskalpolitische Disziplin ist weder in Frankreich noch in weiten Teilen Südeuropas auch nur in Ansätzen erkennbar.
Der Rücktritt der Draghi-Regierung verheißt für Italien nichts Gutes, stand diese doch für einen zumindest erkennbaren Reformwillen und genoss zudem internationales Ansehen. Für die Zukunft wird das Gegenteil erwartet: eine rechtspopulistische Koalition aus den „Brüdern Italiens“ unter Giorgia Meloni, Matteo Salvinis Lega Nord und der Forza Italia des greisen Silvio Berlusconi. Sie alle stehen im Ruf, den Staat als Beute zu betrachten und ihre Verantwortung für Italiens Bürger und Europas Zusammenhalt zu ignorieren.
Der Journalist Gabor Steingart ist sogar der Meinung, dass unsere Abhängigkeit von Italien wirtschaftlich viel gravierender ist als die derzeit viel diskutierte von Russland. Er bezeichnet sie als „Mutter aller Abhängigkeiten“, weil die eigene Währung das höchste Gut einer Volkswirtschaft und unverzichtbar für einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf sei. In Italien diagnostiziert mehrere Problemfelder, die den Euro gefährden:
Die Staatsausgaben Italiens liegen regelmäßig über den Einnahmen. Die staatliche Bürokratie wuchert, während die Infrastruktur des Landes zerfällt. Italien ist das Land von Schwarzgeld und Schwarzarbeit. Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass 20 Prozent der Volkswirtschaft am Fiskus vorbei organisiert werden – mit dem Ergebnis, dass die Steuerbasis des Landes erodiert.
Das ständige über-die-Verhältnisse leben führt zu einer Staatsverschuldung, die den Handlungsspielraum der Italiener, aber auch den der EZB, permanent einschränkt. Die Notenbank müsste angesichts der steigenden Inflation zügig die Zinsen erhöhen. Aber sie kann nicht, denn damit würde den Italienern die Luft zum Atmen genommen werden.
Italien scheint unfähig zu seriöser Fiskalpolitik zu sein. Mario Draghi mahnte an, auf die Schuldentragfähigkeit des Landes zu achten. Doch von den anderen Regierungsparteien kam der Wunsch nach weiterer Schuldenaufnahme, die Regierung zerfiel.
Die EZB-Politik – Wie fragwürdige Dauerrettung das Vertrauen in den Euro zerstört
Ohne die EZB wäre Italien längst pleite. Die jahrelange Nullzinspolitik entlastete den Staatshaushalt, weil die Zinslast trotz einer inzwischen auf 150 % des BIP gestiegenen Verschuldung kontinuierlich sank. Seit Monaten stimmen aber die Märkte mit den Füßen ab, die Zinsen in Italien lagen zeitweise 2,5 % über den deutschen Zinsen. Das Misstrauen in die Verlässlichkeit und Solidität italienischer Politik wurde immer stärker.
Die EZB spricht von einer nicht akzeptablen Defragmentierung, die sie entgegen ihrem eigentlichen Mandat, der Wahrung der Geldwertstabilität, nun konsequent bekämpfen will. Sie kauft einerseits verstärkt italienische Staatsanleihen an, allein 430 Mrd. € über das Public Sector Purchase Programme (PSPP). Doch damit nicht genug, im Zuge der zuletzt erstmals seit 11 Jahren erfolgten Leitzinserhöhung stellte sie das neue „Transmission Protection Instrument (TPI)“ vor.
Bisher hat die EZB stets Staatsanleihen aller Euro-Länder nach einem zuvor festgelegten Schlüssel gekauft, der sich an der Wirtschaftsleistung der einzelnen Länder und ihrem Bevölkerungsanteil der EU orientiert. Damit sollte verhindert werden, dass einzelne Länder bevorzugt behandelt werden und ihre Staatsverschuldung überproportional von der EZB finanziert wird. Das soll sich jetzt ändern, weil sich in dem hochverschuldeten Italien eine Staatsschuldenkrise anbahnt. Auf diese Weise will sie „ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik im Euroraum darstellen.“
Damit schafft die EZB den freien Markt für Staatsanleihen faktisch ab und betreibt eindeutig verbotene Staatsfinanzierung. Völlig unverständlich wird sie dabei durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs abgesichert. Dieser hatte schon die bisherigen Anleihenkäufe der EZB für rechtens erklärt hat. Der sich jetzt anbahnende nächste eklatante Rechtsbruch lässt die schlimmsten Befürchtungen der langjährigen Warner und Euro-Kritiker endgültig wahr werden. Ein schwarzer Tag für Deutschland.
Die EZB darf Eurostaaten nicht finanzieren – auch nicht indirekt. Es ist vor allem ein „moral hazard“, ein falscher Anreiz. Wie einst Griechenland müsste sie Italiens Regierung zu Reformen drängen und nicht ermuntern, Zinssätze und Schulden zu ignorieren, weil die EZB das Land retten wird und die Europartner mitmachen müssen, weil sonst die Gemeinschaftswährung zerbricht.
Durch die Rücksichtnahme treibt die EZB den Wertverfall des Euro gegenüber dem Dollar voran – und damit die Inflation. Denn ein geringerer Außenwert der Währung führt auf den Dollar-dominierten Auslandsmärkten dazu, dass wir Öl, Gas und andere Waren teurer einkaufen müssen. Unsere Weichwährung wird zum Inflationstreiber.
Aus der letzten Finanzkrise ist uns noch den Satz „too big to fail“ erinnerlich. Die Eurokrise zwischen 2010 und 2012 befasste sich vor allem mit Griechenland und noch heute erinnern wir uns, welche astromischen Rettungssummen schon für das verhältnismäßig kleine Land fällig wurden. Italien hat aber ein 10 Mal so großes BIP wie Griechenland.
Damit ist es leider sowohl zu groß um es fallen zu lassen, aber auch zu groß um es permanent zu retten.
Die Märkte vertrauen dem Euro nicht mehr, der wie ein Fieberthermometer die extremen Spannungen im Euro-Raum anzeigt. Unsere Gemeinschaftswährung hat in dieser Form keine Zukunft, wir erleben schon jetzt die Liraisierung des Euros, also einen schleichenden Verfall der Währung u.a. gegen den US$ oder den Schweizer Franken:
Inzwischen sind wir längst in einer Schuldenunion angekommen, in der Deutschland für Verbindlichkeiten anderer Staaten in einer Höhe haftet, die unseren Wohlstand vernichten kann. Allein die sog. Targetsalden, also Forderungen der Bundesbank gegenüber anderen Euro-Ländern, sind zuletzt auf einen Rekordstand von mehr als 1,2 Billionen € gestiegen. Scheitert der Euro, dann sind diese Forderungen verloren. Italien ist aber aufgrund seiner Größe nicht zu retten, damit sind wir erpressbar. Der Euro ist eine Fehlkonstruktion, wir sehen uns in unseren jahrelangen Analysen bestätigt. Letztlich ist der Sparsame der Dumme.
Wie kann man sich als Anleger gegen einen Euro-Crash absichern?
Deutsche sind zumeist sicherheitsorientierte Zinsanleger und verlassen sich auf Drittparteien (Staat, Versicherungen, Banken etc.), die Ansprüche verlässlich und über Jahrzehnte in werthaltigem stabilen Geld auszahlen. Aber alle nominalen Zahlungsversprechen in Euro, egal ob aus der gesetzlichen Rente, Pensionen, Lebensversicherungen aber auch Bankguthaben sind auf Dauer nicht so sicher und vor allem werthaltig, wie viele glauben. Ob es den Euro in 10 Jahren noch geben wird, weiß niemand. Doch selbst wenn es ihn noch gibt, die bleibend hohe Inflation vernichtet in jedem Fall Vermögen.
Daher sollte man grundsätzlich auch außerhalb des Euroraums investieren und Sachwerten den Vorzug geben. Selbst wenn es den Euro in dieser Form mittelfristig nicht mehr geben wird, haben Sachwerte, in welcher neuen Währung auch immer, stets einen Wert.
Es empfiehlt sich ein Portfolio aus internationalen Aktien, Immobilien und Edelmetallen. Mit Fonds erzielt man zudem eine breite Streuung und kann somit Risiken weiter minimieren. Wir haben die entsprechenden Lösungen und beraten Sie gerne.
Bildquelle: Pixabay-User pcdazero